Sessionsbericht Winter 2021

Die Rentenreform 2020, das wichtigste Projekt der letzten Legislatur, ist im September 2017 an der Urne überraschend deutlich durchgefallen und an den Absender zurückgeschickt worden. Das grosse Thema der Wintersession war deshalb einmal mehr die Altersvorsorge. Zudem hat das Parlament das Budget fürs nächste Jahr verabschiedet und die Volksinitiative gegen Massentierhaltung beraten. Mein persönlich grösster Aufsteller war die Annahme einer Zubi-Motion, die mehr Sold für unsere Armeeangehörigen forderte.

Altersvorsorge
Die AHV ist die wichtigste Altersvorsorge-Einrichtung der Schweiz. Wer ein Leben lang gearbeitet und seine Beiträge bezahlt hat, soll eine sichere Rente erhalten. Diese ist jedoch nicht mehr gewährleistet: Aufgrund der demografischen Entwicklung – der zunehmenden Überalterung unserer Gesellschaft – besteht in der AHV bis im Jahr 2030 eine Finanzierungslücke von bis zu 26 Milliarden Franken. Deshalb ist eine Reform dringend notwendig und deshalb gehört die Reform der AHV zu den dringendsten Aufgaben einer verantwortungsvollen Politik. Während der Wintersession schloss das Parlament nun die Beratungen zur AHV ab. Das Resultat: 0.4 Prozent mehr Mehrwertsteuer für die AHV und das Frauenrentenalter wird schrittweise innert 4 Jahren auf 65 Jahre angehoben und damit jenem der Männer angeglichen werden. Bereits ist klar, dass das Stimmvolk über die AHV-Mini-Reform abstimmen wird. Denn Gewerkschaften, SP und Grüne werden das Referendum ergreifen. Dass diese Gegner-Front die benötigten 50’000 Unterschriften bis im Frühjahr sammeln wird, ist reine Formsache. Währenddem die Gegnerschaft die demografischen Realitäten ausblendet und damit unser AHV-System massiv gefährdet, ist der Bundesrat verpflichtet, dem Parlament bis am 31. Dezember 2026 eine nächste Vorlage für eine längerfristige Stabilisierung der AHV vorzulegen.

Budget 2022
Nach rund achtstündiger Debatte hat das Parlament auch den Voranschlag fürs nächste Jahr verabschiedet: Bei Ausgaben von rund 80 Milliarden Franken ist ein Defizit von gut zwei Milliarden vorgesehen. In den letzten 32 Jahren haben sich die Bundesausgaben somit von 31,6 Milliarden Franken (Stand 1990) auf 80 Milliarden Franken (2022) weit mehr als verdoppelt. Um in Zukunft richtig zu handeln, braucht es einen Blick in die Vergangenheit und die Kenntnis von der gegenwärtigen Situation. Und diese Situation sieht nicht gut aus: Die Nettoschulden haben in den letzten 20 Monaten – also praktisch über Nacht – um 35 Milliarden Franken zugenommen. Dank einer bürgerlich geprägten Finanzpolitik, dem Zusammenspiel mit der bewährten Schuldenbremse aber auch dank unserem umsichtigen Finanzminister Ueli Maurer hat die Staatsverschuldung seit 2005 von 130 auf 97 Milliarden Franken gesenkt werden können. Die schwindelerregenden Ausgaben der letzten Monate machen diese erfreuliche Entwicklung auf einen Schlag zunichte. Gesunde Finanzen und eine massvolle Verschuldung sind in Zukunft aber wichtiger denn je. Sie sind wichtige Erfolgs- und Standortfaktoren unserer Schweiz. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich das eindrücklich gezeigt. Sie machen die Schweiz auch in der Krise handlungsfähig, und zwar ohne Steuererhöhung und Sparprogramme.

Massentierhaltungsinitiative
Die Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz (Massentierhaltungsinitiative)» will die «technisierte Tierhaltung in Grossbetrieben, bei denen das Tierwohl systematisch verletzt wird» verbieten und die Würde der Tiere in der landwirtschaftlichen Tierhaltung in die Verfassung aufnehmen. Die Initiative braucht es folglich für die Schweiz und insbesondere für das Appenzellerland gar nicht, da die Tierhaltung in der Schweiz klein strukturiert ist. Bei Schweinen, Geflügel und Kälbern ist die Zahl der Tiere pro Betrieb gar mit der Höchstbestandesverordnung begrenzt, was weltweit einmalig ist. Zusätzlich hat die Schweiz das strengste Tierschutzgesetz der Welt. Dieses garantiert, dass die Tiere besonders artgerecht gefüttert und möglichst tiergerecht gehalten werden. Gut funktionierende Kontrollen sorgen überdies dafür, dass die Vorgaben auch eingehalten werden. So mancher Tierschützer in der restlichen Welt wäre wohl froh, wenn ähnlich strenge Bedingungen – zumindest auf dem Papier – in seiner Heimat herrschen würden. Obwohl eine eigentliche Massentierhaltung, wie sie das Ausland kennt, in der Schweiz nicht existiert, beharren die Initianten auf ihren Forderungen. Die neu einzuführenden Standards würden nicht nur die Versorgungssicherheit der Schweiz negativ beeinträchtigen, sondern auch Folgekosten für die Landwirte mit sich ziehen, welche diese neuen Regeln umsetzen müssten. Der Nationalrat beschloss daher die Initiative entgegen dem Willen von Linksgrün mit 111 zu 60 Stimmen bei 19 Enthaltungen abzulehnen. Auf den direkten Gegenvorschlag zur Volksinitiative wurde nicht eingetreten.

Zubi-Motion erfolgreich
Sicherheit ist überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Und doch ist sie die unverzichtbare Voraussetzung für Freiheit, Unabhängigkeit, Wohlstand und für eine gut funktionierende Gesellschaft und Wirtschaft. Unsere Armee sichert den Bürgerinnen und Bürgern Leib und Leben, das Eigentum, den Lebensraum, aber auch die direktdemokratischen Rechte. Unsere Milizarmee verteidigt Land und Leute vor jeder gewalttätigen Gefahr von aussen. Darum bin ich froh, dass es Armeeangehörige gibt, die sich für das Unternehmen Armee einsetzen! Die Soldaten, die während ihrem Dienst zu Gunsten der Allgemeinheit auf so vieles verzichten, die Einsatzwillen und Leistungsbereitschaft zeigen und die den Schutz der Menschen in unserem Land sicherstellen, sollten im Sinne einer echten Wertschätzung auch in Bezug auf den Sold richtig entschädigt werden. Das wird bald Wirklichkeit, weil National- und Ständerat einem Vorstoss von mir zugestimmt haben. Der Sold der Armeeangehörigen wird nach dem Ja zur Motion nun angepasst und zudem künftig regelmässig überprüft. Die letzte Anpassung ist 1987 und somit vor über 30 Jahren erfolgt. Und das Leben ist seither bekanntlich nicht günstiger geworden. Jetzt erfolgt die Kaufkraftbereinigung, was zu ein paar Franken mehr pro Tag für jeden Armeedienstleistenden führt. Das ist ein wichtiges Zeichen für die Wertschätzung unseres Milizsystems.

Mord soll nicht mehr verjähren
Die Verjährungsfrist von 30 Jahren für lebenslange Haftstrafen soll fallen. Mit 21 zu 20 Stimmen unterstützte der Ständerat im zweiten Anlauf eine Standesinitiative des Kantons St. Gallen, welche Mord als besonders schwerwiegendes und skrupelloses Verbrechen nicht mehr verjähren lassen will. Mich hat dies besonders gefreut, weil die Standesinitiative auf Mike Egger zurückgeht, der diese einst als St. Galler Kantonsrat einreichte und heute im Nationalrat als Banknachbar neben mir sitzt. Nachdem der Nationalrat dieser Forderung bereits zugestimmt hat, wird nun ein Gesetzesentwurf für die Umsetzung ausgearbeitet.

Legislatur-Halbzeit
Seit der Wintersession 2015 darf ich Appenzell Ausserrhoden und somit einen Teil des Appenzellerlandes im Nationalrat vertreten. Ich bin stolz und es ehrt mich, dass ich auch die nächsten zwei Jahre (und hoffentlich noch viel länger) Ihr Vertreter in der grossen Kammer sein darf. Zum Jahresende wünsche ich Ihnen – liebe Appenzellerinnen und Appenzeller – schöne und besinnliche Festtage, gute Gesundheit und einen richtig tollen Rutsch ins 2022.

David Zuberbühler Nationalrat AR