Drei Wochen lang wurde im Bundeshaus politisiert, wobei mehrere brisante Dossiers behandelt wurden. Und mit den Schlussabstimmungen am 17. Juni haben der Nationalrat und der Ständerat zehn Vorlagen unter Dach und Fach gebracht. Darunter ist eine Anpassung (Lex-Booking) im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb und damit strengere Regeln für Buchungsplattformen, die Hotelzimmer vermitteln.
Lex-Booking
Sie sind der Schweizer Hotellerie seit Jahren ein Dorn im Auge: die sogenannten Preisbindungsverträge. Diese verbieten Hotels, die Zimmer auf der eigenen Website zu günstigeren Tarifen anzubieten als auf Buchungsplattformen wie Booking.com. Zugleich haben die Online-Plattformen eine solche Marktmacht, dass Hotels faktisch gezwungen sind, ihre Angebote dort zu platzieren. Von «Knebelverträgen» war deshalb die Rede, die den fairen Wettbewerb einschränken würden. Mit der Anpassung im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb dürfen Booking.com und andere Online-Reiseagenturen Hotels neu nicht mehr verbieten, auf der hoteleigenen Internetseite tiefere Preise anzubieten. Dieser – im Ausland längst durchgeführte – Schritt ist ein wichtiger Meilenstein zur Stärkung der KMU.
Treibstoffpreise
Im Dezember 2020 kostete ein Liter Benzin 1.40 Franken. Nachdem die Preise für Benzin und Diesel regelrecht explodiert sind, tanken wir unseren Benziner aktuell für 2.30 Franken – eine Erhöhung von 65 Prozent. Für viele Familien und Unternehmen ist die Schmerzgrenze erreicht. Insbesondere für die Bevölkerung in ländlichen Gebieten wie dem Appenzellerland, die auf das eigene Auto angewiesen ist. Aufgrund der Dringlichkeit, Familien, den Mittelstand und das Gewerbe bei den steigenden Benzin-, Diesel- und Heizölpreisen zu entlasten, hat meine Fraktion eine ausserordentliche Session einberufen. Da der Staat über die Mehrwertsteuer von den höheren Treib- und Brennstoffpreisen profitiert, forderte die SVP Senkungen bei den Treibstoffabgaben. Schliesslich fliessen heute fast 1 Franken pro Liter Benzin in die Staatskasse. Gefordert wurde zudem eine Verdoppelung des Pendlerabzugs auf maximal 6’000 Franken, um Menschen, welche nicht in gut erschlossenen Stadtzentren leben, von den Folgen der überteuerten Spritpreise steuerlich zu entlasten. Obwohl die Sorgen der Bevölkerung gross sind und sie mit den massiv gestiegenen Energiekosten fürs Heizen noch viel grösser werden, unterstützte die Mehrheit des Parlaments die wirksamen und pragmatischen Forderungen leider nicht.
Sanktionen
Der Bundesrat möchte das Embargogesetz in zwei Aspekten ändern. Erstens sollen bisherige Embargos und Sanktionen leichter fortgesetzt werden können. Zweitens möchte er leichter selbst Sanktionen verhängen dürfen und Staaten, welche die von der Schweiz verhängten Sanktionen umgehen, ebenfalls sanktionieren dürfen. Eine neutralitätskonforme Ausgestaltung der Vorlage lehnte der Nationalrat ab. Bisher konnte die Schweiz nur Sanktionen ergreifen, wenn das Völkerrecht durch einen Staat gebrochen wurde. Die nationalrätliche Version des Embargogesetzes erlaubt es der Schweiz nun, selbst Sanktionen zu ergreifen und zudem zusätzlich Sanktionen gegen Länder auszusprechen, welche die Schweizer Weltsicht nicht mittragen. Damit greift die Schweiz direkt in die Souveränität anderer Staaten ein und wird dadurch selbst zur Konfliktpartei. Dies stellt einen klaren Bruch der schweizerischen Neutralität dar. Das Geschäft geht nun in die Differenzbereinigung.
Gletscherinitiative
Der Nationalrat lehnt die Gletscherinitiative ab, will mit einem indirekten Gegenentwurf aber das Ziel Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 gesetzlich verankern. Die Vorlage sieht schrittweise Vorschriften bis hin zu 0g CO2/km für alle neu in Verkehr gesetzten Personen- und Nutzfahrzeuge, ein Ziel zur klimaverträglichen Ausrichtung der Finanzmittelflüsse und weitere Massnahmen vor. Diese neuen Zwangsmassnahmen kosten 3.2 Milliarden Franken. Grundsätzlich spricht überhaupt nichts dagegen, wenn der Einsatz von fossilen Brennstoffen und somit die Abhängigkeit vom Ausland minimiert wird. Wichtig scheint mir aber, dass wir eine Alternative haben. Die Abkehr von fossilen Brennstoffen bedeutet schliesslich, dass wir mehr Strom brauchen. Schon heute warnen die Behörden aber davor, dass die Schweiz ab 2025 zu wenig Strom zur Verfügung haben könnte. Die Gründe dafür sind vielfältig: steigender Energieverbrauch, Nachbarländer, die ungern exportieren, unsteter Strom aus Solaranlagen, der Ausstieg aus der Kernenergie und Abwehrreflexe gegenüber Wasser- und Windkraftwerken. Die Energieversorgung in Sachen Strom ist aktuell nicht sichergestellt und es scheint, als wolle in Bundesbern niemand wirklich aufzeigen, wie der drohende Strommangel abgewendet werden könnte. Solange eine sichere, kostengünstige und unabhängige Energieversorgung nicht sichergestellt ist, bringt es meiner Ansicht nach nicht viel, Rahmengesetze zu machen und den Heizungsersatz fördern. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
Prämien-Entlastungs-Initiative
Die von der SP lancierte Volksabstimmung zur Finanzierung von Prämienverbilligungen in der Krankenversicherung wurde sowohl vom Bundesrat als auch vom Nationalrat abgelehnt. Die Initiative fordert, dass keine versicherte Person mehr als 10% ihres verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien bezahlen muss. Um dies zu erreichen, sollen Bund und Kantone mehr zur Prämienverbilligung beitragen. Sowohl Bundesrat als auch Nationalrat erkennen das Problem der hohen Prämien an und stellen der Initiative einen indirekten Gegenvorschlag entgegen. Insgesamt will der Nationalrat in seinem Gegenvorschlag die Prämien mit geschätzt 2.2 Milliarden Franken verbilligen. Zudem soll ein neues Modell zum Ausbau der individuellen Prämienverbilligung eingeführt werden. Unverhältnismässig stark trifft dies die Landkantone wie Appenzell Ausser- und Innerrhoden, welche tendenziell geringere Gesundheitskosten haben und nun für die teureren Gesundheitskosten städtisch geprägter Gebiete mitzahlen sollen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
Medienförderung
Eine Parlamentarische Initiative aus der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-NR) wollte die bereits bestehenden allgemeinen Massnahmen zur Medienförderung ausbauen. Dies, nachdem das Volk erst am 13. Februar 2022 den weiteren Ausbau der Medienförderung bachab geschickt hatte. Konkret hätten die Änderungen des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG), die den zweiten Teil des Massnahmenpaketes zugunsten der Medien bildeten, rasch in Kraft gesetzt werden sollen. Namentlich handelte es sich um die Unterstützung von Aus- und Weiterbildungsinstitutionen, Nachrichtenagenturen und Selbstregulierungsorganisationen sowie um IT-Investitionen. Ausserdem hätte der Abgabenanteil zugunsten der privaten Radios und Fernsehen erhöht werden sollen, während dem die Finanzierung über die Zwangsabgabe für Radio und Fernsehen erfolgt wäre. Der Nationalrat hat das Geschäft dank der geschlossenen Ablehnung von SVP und FDP mit 92 zu 87 Stimmen versenkt.
David Zuberbühler Nationalrat AR